Ein oft unterschätztes Problem in veröffentlichten Studien ist der sogenannte Confirmation Bias oder Bestätigungsfehler. Er beschreibt die zum Teil unbewusste Neigung, nur jene Informationen als relevant einzuordnen, die mit der eigenen Sichtweise übereinstimmen. Folglich werden Studien als aussagekräftig bewertet und publiziert, wenn sie das gewünschte Ergebnis liefern bzw. die formulierte Hypothese bestätigen.
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Der folgende Artikel gibt einen Einblick in den Begriff des Confirmation Bias und erörtert die Fragen, wo und wie er auftritt sowie wie er sich minimieren lässt.
Zum Begriff Confirmation Bias
Als Bias (engl. für “Verzerrung”) wird ein systematischer Fehler verstanden, der eine Verzerrung von Forschungsergebnissen beinhaltet. Es handelt sich damit um plausible, aber inhaltlich fehlerhafte Ergebnisse, die eindeutig und systematisch von den “wahren” Werten abweichen.
Ein Bias bezeichnet also keinen zufällig auftretenden Fehler, sondern eine geplante (systematische) Abweichung in der Planung, Durchführung und/oder Analyse einer Studie. Damit kommt es unter Umständen zu einer inkorrekten Einschätzung der Zusammenhänge und in der Folge zu einer falschen Interpretation von Ergebnissen bzw. Handlungsempfehlungen. Wichtig ist zu betonen: Bias lassen sich zwar nicht völlig ausschließen, aber durch ein geeignetes Studiendesign reduzieren bzw. minimieren. Grundsätzlich können zwei Arten von Bias unterschieden werden: der Selektionsbias und der Informationsbias.
- Selektionsbias: beschreibt eine Verzerrung aufgrund einer Präferenz bei der Auswahl der Probanden
- Informationsbias: beschreibt eine Verzerrung, die zu einem systematischen Fehler in der Art und Weise führt, wie Daten gesammelt, gemessen bzw. ausgewertet werden
In diesem Artikel werden wir uns mit dem Informationsbias und hier im Detail mit dem so genannten Confirmation Bias beschäftigen.
Der Begriff Confirmation Bias stammt ursprünglich aus der Kognitionspsychologie und lässt sich am besten mit Bestätigungstendenz oder Bestätigungsfehler übersetzen. Damit wird die Tendenz bezeichnet, Informationen so zu ermitteln, auszuwählen und zu interpretieren, dass diese die eigene Meinung bestätigen und die persönlichen Erwartungen erfüllen.
Der Confirmation Bias beschreibt also die menschliche Neigung, bevorzugt jene Informationen aufzunehmen und als relevant einzuordnen, die mit den eigenen Überzeugungen und Glaubenssätzen übereinstimmen. Die erste Theorie zu dieser kognitiven Verzerrung stammt aus den 1960er-Jahren von Peter Wason.
Wason war in seinen Überlegungen beeinflusst von Karl Popper und seiner Lehre des Falsifikationismus. Er vertrat ebenso die Auffassung, dass Menschen dazu neigen, bestehende Hypothesen zu bestätigen. Diese Neigung bezeichnete er als Bestätigungstendenz bzw. eben Confirmation Bias.
Dieser Strategie stellte er die Disconfirming Evidence gegenüber, also beweiskräftige und die Theorie widerlegende Argumente. Allgemein, so die Theorie, liegt ein Bestätigungsfehler eben dann vor, wenn Annahmen (Hypothesen) unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt durch die Auswahl, Erinnerung und Interpretation von Informationen vorab per se bestätigt werden.
Confirmation Bias im Alltag
Ein Beispiel aus dem Alltag: Wir haben vielleicht aus der Erfahrung das Gefühl, dass Menschen an Montagen genervter sind als an anderen Tagen. Folglich suchen wir (unbewusst) an Montagen selektiv nach Personen, die sehr genervt sind und somit unsere Vermutung bestätigen. Selbst wenn etliche Menschen, denen wir begegnen, gut gelaunt sind, fokussieren wir uns eben überwiegend auf die Personen, die schlechte Laune haben.
Bestätigungsfehler können aber auch schwerwiegendere Folgen für die Entscheidungsfindung haben. In der Wirtschaft beispielsweise können Manager ungünstige Entscheidungen treffen, wenn sie einzig solche Informationen als relevant einschätzen, die bereits bestehende Überzeugungen bestätigen.
Weiter lässt sich durch Forschungen belegen, dass etwa beim Nachrichtenkonsum aufgrund des Confirmation Bias jene Informationen ausgeblendet und nicht aktiviert werden, die nicht den Überzeugungen der Rezipienten entsprechen. Die Algorithmen in sozialen Medien präsentieren gezielt nur noch jene Fakten, die mit unserem individuellen Weltbild übereinstimmen. Diese sogenannten Filterblasen (Bubbles) verstärken ein vorhandenes Weltbild und blenden auf diese Weise andere (objektive) Sichtweisen aus.
Confirmation Bias in der Forschung und in wissenschaftlichen Arbeiten
Die Erforschung und Auswirkungen des Confirmation Bias beschäftigt unterschiedliche Wissenschaftsdisziplinen. In der Wissenschaft entsteht dies durch die Tendenz von Forschenden, nur Daten zu berücksichtigen, die bereits bestehenden Überzeugungen und/oder Hypothesen unterstützen. Das heißt: In der Wissenschaft kann ein Bestätigungsfehler dazu führen, dass sich Forschende auf Daten konzentrieren, die ihre Hypothesen bestätigen, und Daten ignorieren, die diesen Annahmen widersprechen. Dies verdeutlicht auch nachfolgende Abbildung.
Solch eine Verzerrung kann auch eine Folge davon sein, kognitive Dissonanz zu verringern, also das Unbehagen zu minimieren, das wir empfinden, wenn unsere Überzeugungen durch neue Informationen widerlegt werden.
Confirmation Bias in Forschungsarbeiten minimieren
Der Confirmation Bias tritt also sehr oft unbewusst (engl.: unconsciously) auf und wird daher als Unconscious Bias bezeichnet. Um dies zu vermeiden bzw. das Risiko eines Confirmation Bias zu reduzieren, gilt es beim Erstellen von wissenschaftlichen Forschungsarbeiten, auf einige Punkte zu achten.
- Confirmation Bias bewusst machen: Wichtig ist es, bei der Recherche von Informationen und bei der Bewertung von Argumenten möglichst unvoreingenommen zu sein. Damit lassen sich Prozesse des Confirmation Bias bewusst steuern.
- Suche nach Informationen, die die eigene Meinung widerlegen: Solche gegenteiligen Beweise (“Disconfirming Evidence”) sollen die eigene Theorie oder Meinung widerlegen. Die Idee dahinter ist, eine gegensätzliche Haltung einzunehmen mit dem Bestreben, dafür aussagekräftige Argumente zu finden. Weiter ist es wichtig, neutrale Suchbegriffe im Rahmen der Recherche zu benutzen.
- Faktenbasierte Argumentation: Bei wissenschaftlichen Arbeiten geht es einzig um belegbare Fakten und wissenschaftlich verlässliche Quellen und nicht um Erfahrungsberichte oder persönliche Einschätzungen. Gleiches gilt für sozial erwünschte Aussagen und selektive Erinnerungen. Eben diese unterliegen insofern oft einem Confirmation Bias, als dass nur die eigene, vorher festgelegte Meinung bestätigt wird.
- Offene und unvoreingenommene Sichtweisen: Gute wissenschaftliche Praxis erfordert eine unvoreingenommene Position, eine Offenheit für neue Perspektiven und Denkweisen sowie eine auf nachvollziehbare Quellen basierte Arbeit.
Fazit
Der Confirmation Bias oder Bestätigungsfehler ist eine meist unbewusste Tendenz, sich gerade auf diejenigen Informationen zu fokussieren, die mit der eigenen Sichtweise übereinstimmen. Wir bestätigen damit also selektiv nur eben das, was wir ohnehin bereits geglaubt haben. Im Rahmen von wissenschaftlichem Forschen und Arbeiten gilt es daher, sich auf objektive und nachvollziehbare Quellen zu stützen und eine unvoreingenommene Sichtweise einzunehmen.
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Weiterführende Links
Hasselbusch, L. (2023, 27. März). Confirmation Bias: Der Bestätigungsfehler und Beispiele.
Manzotti, R. (2023). Confirmation Bias und Covid-19
Peter Wason: Reasoning about a rule. In: Quarterly Journal of Experimental Psychology, Band 20, 1968, ISSN 0033-555X, S. 273–281.
Hugo Mercier: Confirmation Bias – Myside bias, in: Rüdiger F. Pohl (Hrsg.): Cognitive illusions: Intriguing phenomena in thinking, judgment and memory. 2. Auflage. Routledge, London and New York 2017, ISBN 978-1-138-90341-8, S. 99–114.
Joshua Klayman, Young-Won Ha: Confirmation, disconfirmation, an information in hypothesis testing. In: Psychological Review. Band 94, 1987, S. 211–228