Multiple Regressionen gehören zu den beliebtesten statistischen Analysemethoden, vor allem, weil sich damit das Problem der Störvariablen oder der Scheinkorrelationen sehr gut lösen lässt. Allerdings sind Scheinkorrelationen nicht die einzige Form, wie drei oder mehrere Variablen in einer komplexen Beziehung zueinander stehen können. Zu den wichtigsten gehören auch Mediation und Moderation. Allerdings sind zusätzliche Analyseschritte notwendig, um die einen Mediator oder Moderator abzubilden. Glücklicherweise steht mit PROCESS ein nützliches Tool für SPSS zur Verfügung, der den Nutzern diese Schritte wesentlich erleichtert. In diesem Artikel wollen wir daher die Mediationsanalyse und Moderationsanalyse mithilfe von PROCESS SPSS vorstellen.
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Was ist ein Mediator und was ein Moderator?
Ein Mediator C übermittelt (wie der Name schon sagt) einen Teil des Effektes von A auf B. Anders ausgedrückt ist C der Mechanismus hinter dem Einfluss von A auf B. Es ist grundsätzlich nicht mit einer Störvariablen zu verwechseln; eine Störvariable beeinflusst im Vergleich dazu sowohl das Ergebnis als auch die erklärende Größe.
Scheinkorrelation versus Mediationseffekt
Erkennt man den Unterschied in den zwei Aussagen? Ich habe gemerkt, dass engagierte Mitarbeiter besonders viele Fortbildungen machen, sie sind auch meistens deutlich produktiver. Und: ich habe gemerkt, dass Mitarbeiter nach einer Fortbildung deutlich engagierter sind, sie werden dann auch deutlich produktiver. In beiden Fällen wird man einen Zusammenhang zwischen Fortbildungen und Produktivität festgestellt können. Aber im ersten Fall ist das lediglich eine Scheinkorrelation, die auf das Engagement der Mitarbeiter zurück zu führen ist, das bereits vorhanden war. Das heißt, dass Fortbildungen hier keinen Effekt auf die Produktivität haben. Im zweiten Fall ist das Engagement ein Ergebnis der Fortbildungen und somit ein Teil ihres Effektes. Hier haben die Fortbildungen einen direkten (kausalen) Effekt auf die Effektivität, und zwar über den Mechanismus des gestiegenen Engagements.
Moderationseffekt
Ein Moderator liegt dagegen vor, wenn die Stärke oder die Richtung des Effektes von A auf B von der Ausprägung von C abhängen. Zurück zu unserem Beispiel:
Ich habe gemerkt, dass alle Mitarbeiter nach Fortbildungen deutlich produktiver werden. Allerdings scheinen diese bei engagierten Mitarbeitern deutlich mehr zu bringen. In diesem Fall gibt es nicht den einen Effekt der Fortbildungen auf die Produktivität, es gibt unterschiedlich starke Effekte bei unterschiedlichen Gruppen von Mitarbeitern.
Wieso sind Moderator und Mediator wichtig?
Liegt ein Mediator oder Moderator vor, müssen diese bei einer multivariaten Analyse korrekt spezifiziert werden; beides ist mit PROCESS SPSS möglich. Wieso ist es aber überhaupt notwendig?
Nimmt man einen Mediator unbedacht in ein Modell auf, kann es zu einem sogenannten „bad control“ kommen. Das bedeutet, dass eine eigentlich vorhandene kausale Beziehung „weg erklärt“ wird.
Eine fehlende Spezifizierung einer eigentlich vorhandenen Moderation in SPSS liefert dagegen falsche Zusammenhangsmaße. Darüber hinaus sind nicht berücksichtigte Moderatoren einer der häufigsten Gründe für die Verletzung von Modellannahmen bei einer Regressionsanalyse (Linearität, Homosdkedastizität etc.) und gefährden somit die Aussagekraft des gesamten Modells. Und schließlich sind die Mechanismen und die Gruppenunterschiede in den Effekten oft genau das, was man wissen und untersuchen möchte. Das will natürlich auch korrekt gemacht werden.
Sie benötigen Hilfe bei der Durchführung einer Analyse in PROCESS SPSS? Unsere Experten helfen ihnen mit indvidueller statistischere Beratung, die richtigen Templates für Mediationsanalyse oder Moderationsanalyse zu finden, das zu ihrer Fragestellung passen und die Analyse umzusetzen!
Was ist PROCESS für SPSS?
Ein erfahrener Statistiker kann auch komplexe Meditationen und Moderationen im Rahmen einer multiplen Regressionsanalyse in SPSS modellieren. Grundsätzlich sind dafür keine weiteren Tools notwendig. Um die Analysen benutzerfreundlicher zu machen, sowohl was Umsetzung als auch die Interpretation der Ergebnisse angeht, wurde das SPSS-Makro PROCESS entwickelt. Das Makro kann frei heruntergeladen und der eigenen SPSS-Installation hinzugefügt werden. Ab SPSS Version 24 muss das Makro über das Dialogfeld „Erweiterungen“ à „Extras“ à „Benutzerdefiniertes Dialogfeld installieren“ eingebunden werden. Mithilfe von PROCESS können Zwei- und Mehr-Weg-Interaktionen, bedingte indirekte Effekte in Mediationsanalysen mit einem oder mehreren Mediatoren sowie Kombinationen aus Meditationsanalysen und Moderationsanalysen in SPSS umgesetzt werden. PROCESS wurde von Andrew F. Hayes entwickelt und ist neben SPSS auch für SAS verfügbar (Umsetzung in R folgt).
Wie verwendet man PROCESS in SPSS für Moderationsanalyse und/oder Mediationsanalyse?
Ist PROCESS installiert, kann darauf über „Analysieren“ → „Regression“ → „PROCESS“ auf der grafischen Oberfläche von SPSS zugegriffen werden. Darüber hinaus ist eine Bedienung über die SPSS-Syntax möglich. Diese hat den Vorteil, dass man seine Schritte dokumentieren und reproduzieren kann, erfordert jedoch eine längere Einarbeitung. Die Bedienung über die grafische Oberfläche funktioniert dagegen sehr intuitiv.
PROCESS SPSS: Modellierung durch feste “Templates”
Die Modellierung der Moderationsanalyse oder Mediationsanalyse ist in POCESS allerdings nicht frei gestaltbar. Das Makro bietet aktuell über neunzig sogenannte Modelltemplates, also vorgegeben Modellvarianten, von ganzen einfachen bis sehr komplexen. Die Templates sind von Andrew F. Hayes dokumentiert, die aktuellste Ausgabe der Dokumentation ist jedoch kostenpflichtig.
Auch wenn das Anlegen eigener Templates nicht vorgesehenen ist, bieten die vorgegebenen Varianten eine Bandbreite, bei der die Nutzer ihren Anwendungsfall fast immer finden werden. Die Fenster in der PROCESS SPSS-Maske tragen Buchstabennahmen, die der Bezeichnung der einzelnen Modellkomponenten im grafischen Template entsprechen. Man muss nur die nötigen Variablen aus dem Datensatz den entsprechenden Fenstern zuordnen, links unten die Nummer des Modelles wählen und auf „OK“ drucken.
Mit seinen Templates bietet PROCESS eine sehr intuitive Möglichkeit, komplexe Mediations- und Moderationsanalysen in SPSS durchzuführen. Das Lesen des Outputs setzt jedoch ein grundsätzliches Verständnis von multiplen Regressionsanalysen voraus. Moderationen werden in SPSS als Interaktionskoeffizienten herausgegeben. Ihre korrekte Verrechnung mit den Haupteffekten bleibt den Nutzern überlasen. Sehr attraktiv ist dafür die Zerlegung der Mediationsbeziehung in einen direkten und einen indirekten Effekt. Man bekommt also eine Effektdekomposition mitgeliefert, die im Rahmen einer einfachen multiplen Regression nur mit weiterführenden Verfahren umsetzbar ist.
Leider fehlen bei PROCESS SPSS die grafischen Darstellungsmöglichkeiten der Ergebnisse, die man von den meisten SPSS-Anwendungen gewohnt ist. Eine kleine Ausnahme bittet einen vorgefertigten Syntax-Code für grafische Darstellung der Interaktionen, den man mit berechnen lassen kann.
Fazit: PROCESS in SPSS für die Mediationsanalyse und Moderationsanalyse
Insgesamt ist PROCESS SPSS sowohl für Einsteiger wie auch für fortgeschrittene User zu empfehlen, da es Modellierungen von Mediaton und/oder Moderation auf einem sehr hohen Komplexitätsniveau ermöglicht. Solche Analysen wären ansonsten entweder gar nicht oder nur mit deutlich mehr Mühe umsetzbar. Darüber hinaus freut man sich über die schönen Zusätze wie die Effektdekomposition. Wie immer heißt es jedoch, dass man zuallererst ein sinnvolles konzeptuelles Modell braucht, zu dem dann ein passendes Template gefunden werden muss. Von dieser Arbeit wird man auch von diesem Makro nicht befreit.