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Statistische Prozessfähigkeitsanalyse für Quality Engineering: Die wichtigsten Ansätze und Verfahren im Überblick

Vor dem Beginn einer Routineproduktion muss zunächst die nachgewiesen werden, dass der Produktionsprozess alle Qualitätsanforderungen erfüllt. Dies wird auch als Nachweis der Prozessfähigkeit bezeichnet. In diesem Artikel werden einen kurzen Überblick über die grundlegenden Prinzipien der statistischen Prozessfähigkeitsanalyse geben. Dabei werden wir auch die wichtigsten Komponenten dieser Analysen – Prozessfähigkeitsindex (z.B. Cpk-Wert), Sigma-Qualität, Stichprobenplanung, Fähigkeitsnachweis – im Überblick darstellen.

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Dieser Artikel beantwortet folgende Fragen zur Prozessfähigkeitsanalyse

  •     Welche Ziele verfolgt statistische Prozessfähigkeitsanalyse und welche Typen gibt es?
  •     Wie hängen Prozessfähigkeit und Ausschussraten zusammen?
  •     Was bedeuten die so-genannten „Sigma-Qualitäten“?
  •     Gibt es Vorschläge für notwendige Stichprobenumfänge für Fähigkeitsanalysen?
  •     Wie erfolgt der (statistische) Nachweis der Fähigkeit eines Prozesses?
  •     Was ist bei nicht-normalverteilten Daten zu tun?

Statistische Prozessfähigkeitsanalyse: „Hoffnung“ trifft auf „Realität“

Vereinfacht ausgedrückt wird bei Analysen zur Prozessfähigkeit einfach die tatsächliche Prozessqualität verglichen mit den Anforderungen der Konsumenten.

Die Fähigkeit eines Prozesses lässt sich somit sehr anschaulich als folgender Quotient beschreiben:

Prozessf\ddot{a}higkeit=\frac{Verbraucheranforderungen}{Tats\ddot{a}chliche Prozessqualit\ddot{a}t}=\frac{"Hoffnung"}{"Realit\ddot{a}t""}

Die Konsumentenanforderungen werden dabei meistens als Spezifikationsintervalle definiert. Die untere erlaubte Grenze des Intervalls bezeichnet man dabei auch als Lower Specification Limit – LSL und die obere Spezifikationsgrenze als Upper Specification Limit – USL.

Sie wünschen professionelle Unterstützung im Bereich der industriellen Statistik (z.B. für eine Prozessfähigkeitsanalyse)? Kontaktieren Sie uns für ein unverbindliches Beratungsgespräch!

Typen von Prozessfähigkeitsanalysen

In der statistischen Fachliteratur oder auch in den Normen der Automotiv-Industrie wird oftmals – leider nicht einheitlich – zwischen verschiedenen Typen von Prozessfähigkeitsanalysen unterschieden. Diese benutzen zwar identische Berechnungsvorschriften für die Bewertung der Prozessfähigkeit, unterscheiden sich allerdings in der Zielsetzung und der verwendeten Datenbasis.

Eine gängige Kategorisierung von Prozessfähigkeitsanalysen kann dann wie folgt geschehen:

Kurzzeitprozessfähigkeit („Short-Term-Capability“) in der Prozessentwicklung

  • Fokus ist das Konsumentenrisiko
  • Erhebung von hintereinander gefertigten Einheiten um systematische, prozessinhärente Fehler und Störungen aufzudecken.

Langzeitprozessfähigkeit („Long-Term-Capability“) in der Prozessentwicklung

  • Fokus ist das Konsumentenrisiko
  • Repräsentativ gezogene Stichproben aus längerem Prozesslauf, der die Routinesituation widerspiegeln soll.
  • Aussagen über zukünftiges Prozessverhalten und Nachweis der Prozessfähigkeit.

Kurzzeitprozessfähigkeit („Short-Term-Capability“) in der Routine Produktion

  • Fokus ist das Produzentenrisiko
  • In der Regel Bewertung individueller Lots mittels repräsentativer Stichproben

Langzeitprozessfähigkeit („Long-Term-Capability“) in der Routine Produktion

  • Fokus ist das Produzentenrisiko
  • Langzeitprozessbetrachtung über einen definierten Zeitraum und größerer Anzahl hergestellter Lots
  • Bestätigung der in der Entwicklung nachgewiesenen Prozessfähigkeit

Oftmals wird dabei auch Prozessperformance („Process Performance“) als Synonym für die Langzeitprozessfähigkeit in der Routine Produktion verwendet.

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Das Konzept des Prozessfähigkeitsindex

Der Grundgedanke einer Prozessfähigkeitsanalyse besteht wie bereits dargestellt darin, die beobachtete Verteilung eines Qualitätsmerkmals mit definierten Spezifikationen zu vergleichen. Inzwischen ist es in fast allen Industriezweigen üblich, nicht die Maßzahlen Stichprobenmittelwert und Stichprobenstandardabweichung der empirischen Verteilung direkt zu verwenden. Vielmehr werden abgeleitet Größen, die genannte Prozessfähigkeitsindizes („Process Capability Indices”) als kombinierte Maße beider Statistiken zur Fähigkeitsbewertung herangezogen.

Der in der Praxis gebräuchlichste Prozessfähigkeitsindex bzw. dessen Schätzwert errechnet sich aus Stichprobenmittelwert und Stichprobenstandardabweichung als

\hat{C}_{pk}=\frac{min\left ( USL-\bar{x},\bar{x}-LSL \right )}{3s}

wobei LSL und USL wieder die zulässigen unteren und oberen Spezifikationsgrenzen darstellen.

Prozessfähigkeitsindex, Ausschussrate und „Sigma-Qualität“

Die Werte des Prozessfähigkeitsindex können in eine Ausschussrate umgerechnet werden. Die Ausschussrate gibt dabei an, wie viel Prozent der Einheiten den Spezifikationen nicht genügen. Voraussetzung dafür ist ein zentrierter Prozess und eine (zumindest annäherend) normale Verteilung.

Anhand eines Prozessfähigkeitsindex lassen sich außerdem auch die so genannten “Sigma-Qualitäten” ermitteln.

Ein Prozess erfüllt beispielweise eine “2-Sigma-Qualität”, falls 95,4% der Einheiten in das entsprechende Spezifikationsintervall fallen. Dies entspricht einer Ausschussrate von 4.6%. Bei einem zentrierten und normalverteilten Qualitätsmerkmal beträgt der Cpk-Wert dann 2/3 = 0,66.

Anforderungen an den Prozessfähigkeitsindex

Für die Fähigkeitsbeurteilung sollte man zuerst die an ein zu analysierendes Qualitätsmerkmal gestellten Anforderungen definieren.

Als grobe Richtlinie für den Cpk-Prozessfähigkeitsindex sind in Bosch die folgenden Kriterien angegeben:

  • Cpk < 1: “Nicht ausreichend”
  • 1 < Cpk < 1.33: “Ausreichend, aber häufigere Kontrollen notwendig”
  • Cpk > 1.33: “Mehr als ausreichend”

Ein anderer Ansatz ist bei Montgomery zu finden, der in Abhängigkeit von der Prozesssituation Minimalanforderungen für den Cpk-Wert definiert:

  • Existierende Prozesse: Cpk > 1.33
  • Neue oder existierende Prozesse mit kritischen Qualitätsattributen: Cpk > 1.50
  • Neue Prozesse mit kritischen Qualitätsattributen: Cpk > 1.67

Stichprobengrößen für Prozessfähigkeitsanalysen

Wie bei allen Untersuchungen auf Stichprobenbasis ist die Bestimmung eines geeigneten Stichprobenumfangs auch bei Prozessfähigkeitsanalysen von größter Bedeutung. Durch die Wahl eines hinreichend großen Stichprobenumfangs kann dabei eine statistisch abgesicherte Aussage über “Fähigkeit” oder “Nicht-Fähigkeit” eines Prozesses sichergestellt werden.

In den Dokumenten der Automotive-Industrie Bosch und AIAG werden hierzu die folgenden groben Regeln für Untersuchungen in der Entwicklungsphase angegeben:

  • Kurzzeitfähigkeitsanalysen zum Aufdecken von systematischen Prozessfehlern: Mindestens 50 (idealerweise 100) Einheiten, welche direkt hintereinander gefertigt wurden.
  • Langzeit-Prozessfähigkeitsanalysen: 100 Einheiten in 20 Gruppen mit je 5 Einheiten, welche  unter realistischen Prozessbedingungen gefertigt wurden.

Für die entsprechenden Analysen in der Routine Produktion können diese Vorschläge angegeben werden:

  • Mindestens 25 repräsentativ gezogene Einheiten aus einem Lot zur Beurteilung der Kurzzeit-Prozessfähigkeit
  • Mindestens 25 repräsentativ gezogenen Einheiten aus 10 (idealerweise 25) Lots zur Beurteilung der Langzeit-Prozessfähigkeit.

Statistischer Nachweis der Prozessfähigkeit

Wenn das Ziel einer Prozessfähigkeitsanalyse die Erfüllung der Qualitätsanforderung im Sinne eines minimalen, einzuhaltenden Cpk,min Wertes ist, kann dies zum einen durch einen statistischen Test geschehen. Anschaulicher ist hier jedoch die Verwendung von Konfidenzintervallen zum (statistischen) Nachweis der Prozessfähigkeit. Liegt dabei das komplette um den geschätzten Prozessfähigkeitsindex berechnete Konfidenzintervall oberhalb des einzuhaltenden Cpk,min Wertes, dann kann die Fähigkeit des Prozesses mit definierter statistischer Sicherheit nachgewiesen werden.

Vorsicht bei nicht-normalverteilten Daten

Es wurde bereits betont, dass die Zusammenhänge von Prozessfähigkeitsindizes, Ausschussraten und „Sigma-Qualitäten“ nur für den Fall normalverteilter, zentrierter Prozesse gültig sind. Problematisch sind insbesondere mehrgipflige oder schiefe Verteillungen sowie Verteilungen mit breiten Ausläufen. Hier kann es zu einer Fehlern bei der Einschätzung der Prozessfähigkeit  kommen.

Interessanterweise kann aber keine allgemeine Regel angegeben werden, ob bei nicht-normalverteiltem Datenmaterial Ausschussraten und „Sigma-Qualitäten“ systematisch über- oder unterschätzt werden.

Als Ausweg bieten dann Datentransformationen auf Datennormalität an, bei denen natürlich auch die entsprechenden Spezifikationsgrenzen zu transformieren sind. Alternativ kann man außerdem auch nicht-parametrischer Fähigkeitsindizes verwenden. Diese haben allerdings den Nachteil nicht direkt mit beispielsweise einem Cpk-Wert vergleichbar zu sein bezüglich Ausschussraten und „Sigma-Qualitäten“.

Zusammenfassung

Wir haben einen Überblick über die statistische Prozessfähigkeitsanalyse dargestellt und deren Hauptkomponenten erläutert. Es wurden dabei die Zusammenhänge zwischen Prozessfähigkeitsindizes, Ausschussraten und „Sigma-Qualitäten“ bei normalverteilten Daten aufgezeigt.

Darüber hinaus ist klar geworden, dass Schlüsse von Prozessfähigkeitsindizes auf Ausschussraten und „Sigma-Qualitäten“ bei nicht-normalverteilten Daten zu erheblichen Fehlinterpretationen führen können. In diesen Fällen sowie in Situationen mit mehreren Qualitätsmerkmalen müssen dann alternative, anspruchsvollere Analyseprozeduren zum Einsatz kommen.

Auch bei diesen komplizierteren Prozessfähigkeitsanalysen helfen wir Ihnen gerne, Fähigkeitsanalysen effizient und effektiv zu planen sowie professionell auszuwerten. Die Ergebnisse werden wir Ihnen dann selbstverständlich und kundenorientiert präsentieren.

Weitere Quellen:

Schriftenreihe der A.I.A.G. (Automotive Industry Action Group (Chrysler Corporation, Ford Motor Company, General Motors Corp.))

Schriftenreihe „Technische Statistik“ der Bosch-Gruppe

Juran, J.M. (1992): „Juran on Quality by Design: The New Steps for Planning Quality into Goods and Services“

Rinne, H. und Mittag, H. J. (1999): “Prozessfähigkeitsmessung

Bothe, D. R. (1997): “Measuring Process Capability

Food and Drug Administration (FDA) (2011): “Guidance for Industry – Process Validation:General Principles and Practices

Montgomery, D. C. (2009): „Introduction to Statistical Quality Control

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