Die Kaplan-Meier-Kurve ist eine grafische Darstellung der Überlebenswahrscheinlichkeit im Zeitverlauf. Sie wird insbesondere in der medizinischen Statistik eingesetzt, um zu verdeutlichen, wie lange es dauert, bis ein bestimmtes Ereignis eintritt, zum Beispiel Tod, Krankheitsrückfall oder Komplikationen.
Im Gegensatz zu einer einfachen Prozentangabe berücksichtigt die Methode nicht nur, ob, sondern auch wann ein Ereignis eintritt. Dadurch eignet sie sich besonders für Studien, in denen der Zeitpunkt des Ereignisses von entscheidender Bedeutung ist.
Aufbau und Lesart der Kaplan-Meier-Kurve
Die Kaplan-Meier-Kurve stellt die Überlebenswahrscheinlichkeit in einem Achsenkreuz dar. Dabei entsteht eine stufenförmige Linie, die den Verlauf im Zeitverlauf sichtbar macht.
- Die x-Achse zeigt die Beobachtungszeit
- Die y-Achse gibt die geschätzte Überlebenswahrscheinlichkeit an
- Jeder beobachtete Eintritt des Ereignisses führt zu einem Abfall der Kurve
- Teilnehmende, bei denen das Ereignis bis zum Studienende nicht eintritt oder die aus der Studie ausscheiden, werden als zensiert gekennzeichnet (oft kleine Striche in der Kurve)
Zu Beginn liegt die Kurve immer bei 100 %, da noch niemand unter den Teilnehmenden ein Ereignis erlitten hat. Mit jedem Abfall zeigt die Kurve an, dass Ereignisse eingetreten sind. So bedeutet ein Wert von 80 % nach zwei Jahren, dass 20 % der Personen zu diesem Zeitpunkt bereits einen Rückfall hatten, während 80 % noch ereignisfrei sind. Liegt die Kurve nach fünf Jahren bei 70 %, heisst das, dass inzwischen 30 % betroffen waren und 70 % weiterhin ohne Ereignis geblieben sind.
Beim Vergleich von zwei Gruppen kann der Verlauf der Kurve auf einen möglichen Therapieeffekt hindeuten. So wäre es zum Beispiel ein Hinweis, wenn nach zwei Jahren in der Behandlungsgruppe noch 80 % ohne Rückfall sind, in der Kontrollgruppe jedoch nur 60 % der Teilnehmenden.
Anwendung in klinischen Studien
Kaplan-Meier-Kurven gehören zu den Standardverfahren der Survival-Analyse (Überlebensanalyse). Sie werden eingesetzt, um:
- Überlebenszeiten in verschiedenen Behandlungsgruppen darzustellen,
- Unterschiede im Verlauf anschaulich zu machen,
- die Grundlage für weiterführende Analysen wie den Log-Rank-Test oder die Berechnung einer Hazard Ratio zu bilden.
Vorteile und Grenzen der Kaplan-Meier-Kurve
Die Kaplan-Meier-Kurve bietet eine intuitive und leicht verständliche Möglichkeit, Überlebenswahrscheinlichkeiten über die Zeit darzustellen. Ihre Stärke liegt in der Berücksichtigung zensierter Daten. Allerdings liefert sie keine Informationen über den Einfluss mehrerer Faktoren gleichzeitig – dafür werden komplexere Modelle wie die Cox-Regression benötigt.
Zusammenfassung
Die Kaplan-Meier-Kurve ist ein unverzichtbares Werkzeug der Überlebensanalyse. Sie zeigt, wie sich Überlebenswahrscheinlichkeiten im Zeitverlauf entwickeln, und erlaubt daher den direkten Vergleich von Patientengruppen.
Weiterführende Informationen zur Berechnung, Interpretation und Anwendung in Statistiksoftware finden Sie in unseren Blogartikeln zu:
- der beispielhaften Anwendung der Kaplan-Meier-Kurve und des Log-Rank-Tests
- der Visualisierung der Kurve mit R und R Shiny